Die Rolle von Microorganismen in der Topfkultur

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Hardy_whv
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Die Rolle von Microorganismen in der Topfkultur

Beitrag von Hardy_whv »

Hallo allerseits,


ich versuche gerade zu ergründen, ob Microorganismen in der Topfkultur eine Rolle spielen und wenn ja, welche. Sicher sind überall Microorganismen zu finden, aber kann in kleinen Töpfen, zudem wenn sowieso alle 2, 3 Jahre umgetopft wird, ein stabiles Gleichgewicht entstehen, so dass Microorganismen eine feste, kalkulierbare Größe darstellen?

Der KuaS-Index von 1950 - 1999 konnte mir auch nicht weiterhelfen. Ich bin also auf der Suche nach wissenschaftlichen Untersuchungen oder Abhandlungen zu diesem Thema.


Gruß,

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Thomas Brand
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Re: Die Rolle von Microorganismen in der Topfkultur

Beitrag von Thomas Brand »

Moin Hardy,

ein sicherlich spannendes Thema, bei dem Du in Bezug auf Sukkulenten wahrscheinlich kaum in der Literatur fündig wirst. Im Bereich von landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Pflanzen sieht es anders aus. Aber selbst da steckt das Thema in den Kinderschuhen (auch nach etwa 20 Jahren Forschung). Literatur gibt es in wissenschaftlichen Jounalen viel - da ist es die Schwierigkeit, das Wertvolle zu filtern.

Es gibt eine Dissertation zu Mykorrhiza bei anderen Sukkulenten, die von Brand 1999: Mykorrhiza bei Sukkulenten, 50(10), 264 ff., zusammengefasst wurde. Bei Topfkultur sah es meiner Erinnerung nach nicht besonders gut aus (was möglicherweise an der Kultur oder den Stichproben lag).

Ansonsten solltest Du Dir Grundkenntnisse der Mikrobiologie aneignen, dazu gibt es eine Menge Literatur, die dem engagierten und interessierten Amateur jede Menge Wissenswerte liefern. Speziell die mikrobielle Ökologie ist generell ein äußerst spannendes Thema, genau wie die Rhizosphärenforschung. Auch hier wirst Du kaum etwas zu Sukkulenten und Kakteen in Kultur finden.
Die Rhizosphäre - der Raum wenige µm rund um die aktive Wurzel - ist ein Mikrokosmos mit ähnlicher Diversität wie Riffe, Regenwälder und Kompost, über den wir Menschen kaum etwas wissen. Hier können noch Generationen von Doktoranden verheizt werden :P

Was Deine Zweifel angeht, wegen der "kurzen" Standzeit im Topf: Menschliche Zeiträume spielen für MO kaum eine wesentliche Rolle, solange Nährstoffe und Umwelt stimmen. In "ursprünglich sterilen" Tomatensystemen in erdeloser Kultur hat man innerhalb von 24 Stunden eine nachweisbare Bakterienpopulation von 1 Mio / ml in der Nährlöung gefunden.
Bedenkt man, dass der Mensch mit seinen simplen Methoden etwa 1 - 10 % der vorhandenen Populationen beobachten kann, ist zu ermessen, wie aussagekräftig klassische Untersuchungen sein können (meine Dissertation lief so ...).
Was "Stabilität" angeht: Nichts in der Natur ist stabil im Sinne eines statischen Gleichgewichts -alles ist in ständiger Veränderung. MO-Populationen passen sich extrem schnell an die herrschenden Bedingungen an, werden aktiv, gehen in Ruhe, werden verdrängt, schlagen zurück. Und das alles, weil der Gärtner mal anderses Wasser nimmt oder die Temperatur ändert.

Ansonsten sollte klar sein, dass es MO gibt, die pathogen aktiv sind (da gibt es seit Dezember 2009 ein Buch drüber ;-)), solche, die "nützlich" sind und so genannte indifferente, über deren Rolle man schlichtweg nichts weiß.
Beobachtungen zu organischer Düngung, Pflanzenstärkungsmitteln auf mikrobieller/oder organischer Basis weisen darauf hin, dass da was ist. Falls jemand richtig viel Geld für Forschung auf dem Gebiet hat - es gibt sicherlich interessierte Biologen und Gartenbauer, die sich dafür begeistern könnten ... :roll:

Viel Erfolg - falls Du fündig wirst, interessiert mich das besonders!
Gruß aus Rastede
Thomas
Zuletzt geändert von Thomas Brand am 1. Januar 2011, 16:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Hardy_whv
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Re: Die Rolle von Microorganismen in der Topfkultur

Beitrag von Hardy_whv »

Moin Thomas,

sorry für die sehr späte Antwort. Die letzten Wochen hatten ein Teilumzug und ein beruflicher Wechsel meine Aufmerksamkeit voll gefordert. Bin jetzt zu 50% Mecklenburger - landschaftlich eine sehr schöne Gegend 8-)

Du hast mir ja viele Ansatzpunkte geliefert. Mal sehn, wo ich einsteige. Das angedeutete Buch mit Inhalten zu pathogenen Microorganismen liegt bei mir quasi ständig unterm Kopfkissen ;)

Beste Grüße,

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Wüste
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Re: Die Rolle von Microorganismen in der Topfkultur

Beitrag von Wüste »

Hallo oder Moin Thomas,

bin neu im Forum und DKG, meine Antwort ist natürlich recht spät, wollte das Thema aber trotzdem nochmal anschneiden. Deinen Beitrag finde ich sehr gut und wichtig.

Inzwischen wird auch bei leuten die sich mehr für Pflanzen, Wald, Botanik interessieren die Thematik immer präsenter, vor allem auch Mykorrhiza-Pilze. Jahrzehntelang ist kaum beachtet worden, daß es neben dem Tierreich, dem Pflanzenreich auch das eigenständige Pilzreich gibt. Auch die Wichtigkeit der Pilze erkennt man immer mehr, hier findet man geradezu phantasische Dinge, bin begeistert.

Zu Mykorrhiza und Sukkulenten ist mir noch keine neuere Info / Veröffentlichung über den Weg gelaufen, habe nur etwas allgemein über Mykorrhiza gestöbert und nicht so aktiv gesucht.

Selber verwende ich Mykorrhiza-Präparate (Gartencenter, Internet), in Kombi mit Bodenbakterienpräparaten, meist Sporen auf einem feinen Substrat, das man ins Substrat einstreut oder mit dem Gießwasser verabreicht. Ich denke, es kann nur nützen. Wundern würde es mich, wenn Kakteen ohne Mykorrhiza + Bodenbakterien auskommen würden, dies wäre ganz im Gegensatz zu den meisten anderen Pflanzen.

Man darf jetzt jedoch nicht denken, daß man von Privat oder aus dem Gärtnereibetrieb Sukkulenten völlig ohne Mykorrhiza + Bodenbakterien bekommt. Im Gegenteil, da sitzt bereits eine Menge an den Wurzeln, Sporen sind überall. Eine Verbreitung über einige Zeit hinweg ist vermutlich schwer vermeidbar, gottseidank.

Wie Du schreibst, stellen sich die Mikroorganismen-Gesellschaften im Wurzelbereich auch auf den umgebenden Boden ein, aus dem sie auch Nährstoffe entnehmen. Das könnte bedeuten, daß beim Substratwechsel (z.B. in eigenes Substrat eintopfen) oder deutlichem Düngerwechsel einige Mikroorganismen dominanter werden, andere zurückgedrängt werden oder verschwinden.

Interessant wäre noch: wie verhält sich die Mikroorganismen-Gesellschaft bei mineralischen/chemischen Düngern und wie bei organischen Düngern, mal vom richtigen N-P-K-Verhältnis abgesehen.

Meine persönliche Meinung deshalb: die zusätzliche Verabreichung von Mikroorganismen-Präparaten (laufen meist unter Mykorrhiza.....) ist nicht zwingend notwendig, die Pflanzen wachsen bei richtiger Pflege auch so gut mit den bereits vorhandenen Mikroorganismen im Wurzelbereich. Bei zusätzlicher Gabe von Mikroorganismen-Präparaten ein paar Tage nach dem Umtopfen in eine neue Substratzusammensetzung / Düngung könnte sich in vielen Fällen eine leichte Optimierung ergeben, ev. siedeln sich ganz neue nützliche Mikroorganismen an. Auch bei gerade keimenden (oft im sterilisierten Substrat) Sukkulentensamen könnte eine Mikroorganismen-Gabe günstig sein. Schaden tuts nicht.

Hab gerade noch einen interessanten Beitrag von "Lobivia" gefunden: "Wer hat Erfahrung mit Mykorrhiza Kulturen ?" vom 21. Feb. 2010. Betrifft dann hauptsächlich Trichoderma.

Viele Grüße
Wüste
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