" Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

perez-suares
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" Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von perez-suares »

Irgendwann müssen wir uns von unserer Sammlung trennen, was passiert danach ?
Viele unserer Mitglieder haben über Jahre mit viel Liebe und Erfahrung eine Sammlung aufgebaut.
Die Angehörigen sind häufig überfordert, was mit den Pflanzen geschehen soll.
Wie kann man viele seltene Pflanzen aus diesen Sammlungen retten ?
Leider stehen viele Bestimmungen und Gesetze dagegen, Pflanzen in öffentlichen Sammlungen zu übernehmen.
Jeden Tag gehen weltweit für immer Arten verloren.
Mein Vorschlag: Man müsste erst einmal die besonderen Arten in den Sammlungen digital erfassen- kann natürlich
nur freiwillig sein ! Wenn ein Sammlung aufgeben werden muss, muss man (wer?) entscheiden welche Pflanzen
für den besonderen Schutz ausgewählt werden.
Diese Pflanzen muß dann ein Botanischer Garten zur Pflege übernehmen, Schwerpunktsbildung !
Man müsste das zuerst europaweit machen, der Garten muss ja nicht in Deutschland sein,
ich schlage vor Pflanzen in Gärten nicht in Gewächshäusern mit frostfreiem Klima: Südspanien, Süditalien, Kanaren.
Die Sammlung von Herrn Lavranos wurden vom Botanischen Garten auf Gibraltar übernommen.
Dies muss auch finanziert werden, ich denke da an einen Trust wie in England, Spenden.
Ein weiterer Vorschlag wäre eine Saatbank anzulegen- Spitzbergen für Sukkulente !
Wielang kann man Samen einfrieren ?
Vielleicht sind meine Vorschläge sehr naiv und nicht durchführbar----!!!!
perez-suares
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nobby
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von nobby »

Hallo perez-suares,
das von Dir angesprochene Problem ist nicht neu, aber - jedenfalls aus meiner Sicht - immer noch nicht ausführlich diskutiert worden.
Mit dem Alter wird das Problem dringlicher und man beschäftigt sich öfter mit der Frage: Wie soll das bei mir werden?

Zugegeben, meine Antwort wird die Wenigsten zufriedenstellen, ist aber aus meiner Sicht die einzig Richtige: Meine Pflanzen dürfen alle in die Bio-Tonne wandern! Meine Leidenschaft muss nicht die Leidenschaft meiner KInder werden und soll diese auch nicht belasten. Die Pflanzen haben einen großen Wert - für mich. Meine KInder wissen aber schon heute, dass sie für den Verkauf mehr Zeit und Arbeit aufbgingen müssen, als sie tatsächlich als Gegenwert dafür erhalten. Ja und öffentliche Sammlungen haben Aufgaben, zu denen gehören aber bestimmt nicht die Aufnahme und Pflege heimatloser Sukkulenten.
Wenn ich es nicht zu meinen Lebzeiten schaffe, seltenes Material, dass ich vielleicht habe, zu vermehren und zu verbreiten, dann habe ich eigentlich auch nicht verdient es zu besitzen. Eigentum verpflichtet!!!
Schöne Pflanzen werden ganz bestimmt Mitglieder meiner Ortsgruppe übernehmen - da mache ich mir keine Sorgen. Aber seltene Pflanzen sind nicht immer schön und auch nicht immer gefragt. Da muss ich zu Lebzeiten aktiv werden. Eine Sammlung mit unterschiedlichen Individuen hat eigentlich auch keinen Wert, weil der eigentliche Sinn des Lebens - weiter leben - nicht erfüllt werden kann. Zu Lebzeiten muss ich sauberen Samen produzieren (bei Hybriden sind es Kindel), diesen möglichst weit verbreiten und so für das Überleben der Art in unseren Sammlungen sorgen. Wenn ich das nicht unbedingt will, habe ich die Pflanze ja schon beim Kauf abgeschrieben. Das ist nicht weiter schlimm - sich an seinen Pflanzen zu freuen ist durchaus ehrenhaft. Aber dann hat meine Sammlung auch keinen allgemeinen Wert sondern nur einen persönlichen und dafür darf dann auch nicht die Öffentlichkeit zuständig sein. Das muss ich dann auch meiner Familie so sagen!
Ich bin mir bewusst, dass diese Ansicht sehr radikal ist - aber sie hilft mir, nicht nachzulassen, alles das, was selten sein könnte, intensiv zu vermehren und zu verbreiten. Ich habe nämlich kein Herbarium sondern lebende Pflanzen (hauptsächlich zumindest).
Herzliche Grüße
Nobby
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K.W.
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von K.W. »

Guten Abend perez-suares,

habe ich mich erschrocken - dachte zuerst, da schaue ich nicht rein.
Wenn hat es jetzt wieder erwischt. . .

Aber hypothetisch. . . ist natürlich auch für mich zu verkraften. . . :roll:

Werde morgen, mit mehr Zeit, meinen Beitrag zu dem Thema zu leisten versuchen. . .


Beste Grüße

K.W.
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K.W.
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von K.W. »

Guten Abend liebe PflanzenfreundInnen,

meine kümmerlichen Pflänzchen werden wenn nötig von einem Freund versorgt, übernommen, verwertet, entsorgt.
Dies ist in einer Vereinbarung auf Gegenseitigkeit schriftlich festgelegt.
Die Familie - Ehegatten, Eltern und Kinder sind informiert und haben mit unterschrieben.
Anfallende Kosten trägt der "Überlebende" in vollem Umfang für die Pflanzen des "Anderen".
Anfallende Überschüße aus Pflanzen- und Zubehörverwertung stehen dem "Überlebenden" als Entschädigung zu.
Der "Überlebende" wird tätig wenn es notwendig ist, bei Ausfall des "Anderen" oder auch erst bei Totalausfall.

Also ganz einfach und übersichtlich.


Herzliche Grüße

K.W.
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nobby
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von nobby »

Respekt K.W.!

Eine elegante Lösung.

Viele Grüße
Nobby
perez-suares
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von perez-suares »

Durch Überbevölkerung, Klimaerwärmung und Raubbau an der Natur z.B. auf Madagaskar, Süd-und Nordameria, Afrika
wird die Artenvielfalt immer geringer.

1978 besuchte ich den Standort von Astrophytum asterias im mexikanischen Bundesstaat Tamaulipas, 10 Jahre später
gab es dort keine Pflanzen mehr. Pflanzen oder Vermehrungen gibt es sicherlich noch in Sammlungen.

Sollte es nicht auch für uns als Mitglied der DKG Verpflichtung sein, Arten für spätere Generationen zu erhalten, Wie ?
Mir ist auch klar, man kann nicht jeden Kaktus bzw Sukkulente erhalten, jeder kann mit seinem Besitz machen was er will.
Mich stört die " Nach mir die Sintflut Mentalität ".
Ich möchte noch ein Beispiel anführen:
Vielen von uns sagt der Name Walter Röösli etwas, ein grosser Kenner der madagasischen Flora.
Herr Röösli wollte seine Sammlung dem Botanischen Garten in Zürich überlassen, die Leitung des Gartens lehnt ab.
Die Stadt Zürich genemigte und bezahlte den Bau eines Gewächshauses, die Leitung des Botanischen Gartens
lenkte ein und ist nun auch für die Folgekosten zuständig.
Uns ist auch noch der Name Werner Übelmann/Wohlen ( Uebelmannianus) bekannt, keiner wollte die Sammlung übernehmen,
viele seltene Pflanzen gingen verloren.
perez-suares
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nobby
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von nobby »

Hallo perez-suares,

auch mich stört diese " Nach mir die Sintflut Mentalität " gewaltig.
Deshalb ist es nicht die Aufgabe "der Anderen" (egal ob DKG oder Botanischer Garten), sich um die der Natur entwendeten Schätze zu kümmern.
Es darf nicht richtig sein, dass jeder mit seinem Besitz machen kann, was er will. Keiner kann Pflanzen besitzen - er darf sie pflegen!
Echte Pflanzenliebhaber kümmern sich schon zu Lebzeiten um Ihre "Schätze" und sorgen frühzeitig für eine breitestmögliche Verbreitung.

Dein Beispiel aus Tamaulipas zeigt leider nur, dass unter den Kakteenfreunden vielleicht doch noch zu wenige Pflanzenliebhaber sind.

Herzliche Grüße
Nobby
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K.W.
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von K.W. »

Schönen Nachmittag allerseits,

jetzt melde ich mich auch nochmals zu Wort.
Ich habe den Eindruck es sind zwei Dinge über die hier geschrieben wird;

- Vorsorge zur Abwicklung der eigenen KuaS Sammlung - läßt sich aus der Benennung des Threads annehmen.

- Arten- und Umweltschutz - gehört als nächster Schritt sicher ebenfalls besprochen.

PflanzenliebhaberInnen können KuaS sammeln / kultivieren und beizeiten für den Verbleib, die Verwendung
ihrer Schätzchen sorgen, ohne mit dem Artenschutz oder Artenerhalt in Berührung zu kommen.
(ich kenne eine "Sammlung", ca. 300 Pflanzen, alle vom Discounter. . . )
Was die KollegInnen mit ihren Pflanzen für die Zeit nach dem eigenen Ableben oder Unvermögen zur weiteren
Pflege vorsehen, ist wohl zuerst einmal deren Sache.
(ob hier § 14GG richtig in´s Spiel gebracht ist. . . ? )

Wenn jemand eine Kuas Sammlung mit seltenen / geschützten / gefährdeten Pflanzen pflegt,
ist er / sie sich dessen in den meisten Fällen sicherlich bewußt.
Die meisten KollegInnen werden die raren Pflanzen entsprechend pflegen und sowohl für die Verbreitung, siehe
Beitr. von Norbert, als auch für den späteren Verbleib sorgen.
(und einige KollegInnen auch ein Geschäft damit machen wollen. . . )

Wieviele Sammlungen sind es für die ein Botanischer Garten ein Gewächshaus bauen sollte.
Ich kenne wohl große Sammlungen, aber welche von öffentlichem oder übergeordnetem Interesse nicht.
(kann natürlich sein, dass ich es nur nicht erkenne. . .)

Die großen Zeiten der Pflanzensammler und Pflanzenjäger liegen ja schon einige Dekaden zurück.
Damals konnten diese KollegInnen Sammlungen mit diesen Pflanzen aufbauen und (wie auch immer) pflegen.

Der Artenschutz ist, zum Glück, inzwischen international geregelt.
Siehe Washingtoner Artenschutzübereinkommen von 1973, auch als CITES bekannt.
(sicher läuft nicht alles rund, aber tut es das bei der Nichtverbreitung von Atomwaffen?)
Artenschutz findet inzwischen vielfach in den Heimatländern statt.
Das muss ich nicht in meinem Gewächshaus, und schon garnicht über meinen Tod hinaus, tun.
Ich kann und sollte es tun, aber nicht mit geschützten, geschmuggelten Pflanzen.

Es wird sich mir nie die krude Argumentationskette erschließen, warum skrupellose PflanzenfreundInnen
geschützte Pflanzen ausgraben, oder Samen entnehmen, diese vermehren und völlig selbstlos für hohe Summen
an PflanzenfreundInnen verkaufen. Diese kaufen natürlich nur aus Gründen des Artenschutzes. . .
Siehe Aztekium valdezii; früh kaufen, schnell vermehren, nettes Geschäft machen, Art gerettet!
(Bißchen was eingekreuzt, egal. . . Artenschutz im Eimer. . .)


Zum Schluß einige Erfahrungen der letzten Jahre, nicht vom "Hörensagen" sondern aus eigener Anschauung.
Alles keine "Wald und Wiesen Sammlungen", sondern von Leuten mit "Namen".

- Ich sah eine 500qm Sammlung, nahezu eine Gattung von Pflanzen. Wurde vom älteren Sammler verkauft,
und das kein Jahr zu früh. Viele Schädlinge und alles musste getopft werden.

- Ich sah eine ca. 50qm gemischte Sammlung. Sammler vor 12 Monaten verstorben, Witwe verkauft.
Für 70 % der Pflanzen zu spät, Schädlinge, vertrocknet.

- Ich sah eine 20qm gemischte Sammlung. Sammler vor acht oder zehn Jahren verstorben. Witwe versuchte
Sammlung für Übergabe an Bot.Garten zu erhalten. Schädlinge, alles muss getopft werden, Wachstums-
störungen durch versalzenes Substrat. Anstauwannen seit Tod des Sammlers nicht gereinigt.
Trotz Intervention, überwiegend Müll.

- Ich sah Pflanzen einer gemischten ca. 40qm Sammlung. Wurden vom Sammler verkauft. Schädlinge, alles
musste getopft werden. Viele Pflanzen seit vielen Jahren vernachlässigt.

- Ich sah Pflanzen einer gemischten Sammlung für Winterharte und Frostfeste Kakteen auf ca. 200qm
Gewächshaus und Freiland. Sollte vom Sammler verkauft werden. Sproße konnten entnommen werden,
danach Planierraupe.

- Ich sah Pflanzen einer Haworthia, Gasteria, Aloe Sammlung, ca. 300qm. Sammler unerwartet verstorben.
Sollte von Familie verkauft werden. 90% erfroren da aus Kostengründen die Heizung abgestellt wurde.

Die genannten Sammlungen enthielten einst wunderbare Pflanzen. Mit Sicherheit einige seltene und geschützte,
aber viele einmalige alte Schätzchen. Es waren durchaus ernsthafte und bekannte Sammler.
Hätten die Sammler Vorsorge getroffen oder selber frühzeitig für Hilfe bei der Pflege gesorgt. . .


Ach ja, und ich kenne einige wunderbare Sammlungen von älteren KollegInnen.
Bestens gepflegt und eine große Freude die Pflanzen zu bestaunen.
Und wenn diese KollegInnen bis zum letzten Tag durch ihre Sammlung gehen wollen. . .
Bitte schön, ich gönne und wünsche es ihnen!!!

Und wenn sie für "danach" Vorsorge treffen - klasse!!!

Aber bei den KollegInnen anzunehmen sie handeln nach der Devise "nach mir die Sintflut",
erscheint mir doch etwas kurz gegriffen. Solch eine Sammlung, auch eine einfache wie ich sie habe,
ist doch mit viel Emotionen verbunden. . . Da hilft der erhobene Zeigefinger nicht weiter.


Wenn aber einer seine Sammlung, und das sind ja auch nicht wenige und oft auch die engagierten,
verkaufen will - dann bitte rechtzeitig!!!
Einfach aus Respekt vor den Pflanzen die so lange Freude gemacht haben!
(und es gibt ja auch mehr "Kohle", besonders von den Ariocarpus und Lophophora Jägern)




Herzliche Grüße

K.W.



PS für den Rasen (Wiese) den ich Pflege habe ich noch keine Vorsorge getroffen. Er verbreitet sich aber selbsttätig.

PPS ach ja, und für in ca. zehn Jahren suche ich eine Kakteenpflegerin, gerne jünger, die mir bei der Pflege
der Pflänzchen hilft. . . ich würde nämlich gerne bis zum letzten Tag durch meine Pflanzen gehen.
Hoffe nur, dass ich vor meinem Kumpel . . .
Zuletzt geändert von K.W. am 6. August 2018, 22:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Andreas
Moderator
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von Andreas »

Hallo in die Runde,

das Thema taucht in regelmäßigen Abständen wieder auf und wir werden es nicht zufriedenstellend lösen können.
Um es vorwegzunehmen: Ich stimme nobby und K.W. vollkommen zu. Wir (nicht unsere Nachfahren/Erben, botanische Gärten oder Liebhaberorganisationen) sammeln unsere Pflanzen. Daher sind wir auch dafür verantwortlich, was zu unseren Lebzeichen, aber auch nach unserem Tod mit ihnen geschieht. Diese Verpflichtung können wir nicht abwälzen.

Wer also möchte, dass seine Sammlung nach dem Tod nicht vor die Hunde geht, muss sich bei Lebzeiten darum kümmern. Und die Lösung kann nur eine individuelle sein. Ich kenne wunderschöne Sammlungen vollkommen ohne Etiketten. Aus wissenschaftlicher Sicht sind diese Pflkanzen nichts wert. Dann kenne ich auch Sammlungen mit hochinteressantem, wissenschaftlich relevantem Material, die aber schlecht gepflegt und außer an absolute Spezialisten kaum abgebbar ist. Die wunderschöne Sammlung ohne Etiketten soll weggeworfen werden, die schlecht gepflegte Spezialsammlung erhalten werden? Warum eigentlich? Ist die eine Pflanze mehr wert als die andere? Für mich persönlich eigentlich nicht.

Was ist die Lösung? Da fällt mir als einzig pratikabler Weg nur ein, dass sich jedermann, wenn er möchte, dass seine Pflanzen erhalten bleiben, rechtzeitig vor dem Tod davon trennt. Dann hat man nämlich noch Einfluss darauf, was mit ihnen geschieht. Und das geht, auch wenn es sicherlich schmerzt. Ich kenne mehrere Sammler, die diesen Weg gegangen und heute froh darüber sind.

Alle anderen schon vorgeschlagenen Wege (Schutzsammlungen, Übernahme von botanischen Gärten etc.) funktionieren in der Praxis nicht. Wer soll denn eine Schutzsammlung unterhalten?
Ich weiß, dass die Bromelienfreunde seit ein paar Jahren eine solche Schutzsammlung unterhalten. Hier werden allerdings nur ganz wenige, besonders seltene und gut dokumentierte Pflanzen aufgenommen. Die allermeisten Bromelien teilen nach dem Tod des Liebhabers das Schicksal der Kakteen und anderen Sukkulenten. Sie landen auf dem Müll.
Hinzu kommt, dass die Anzahl der Bromelienliebhaber in der Bundesrepublik wesentlich geringer und so auch der Platzbedarf deutlich geringer ist als bei den Sukkulenten. Eine Spezialsammlung z.B. der Gattung Echinocereus würde das Gewächshaus der Bromelienfreunde um ein mehrfaches sprengen. Hinzu kommt die Frage der Finanzierung für eine solche Schutzsammlung. Bei den Bromelienfreunden ist dies nur deswegen möglich, weil einer der Bromelienfreunde Erwerbsgärtner ist und sich bereit erklärt hat, die Schutzsammlung zumindest teilweise in einem kleinen Teil seiner Gewächshäuser fast kostenfrei unterzubringen und zu pflegen. Hinzu kommen Spenden und ein Zuschuss der Deutschen Bromeliengesellschaft. Aber was passiert, wenn dieser Gärtner einmal seinen Betrieb aufgibt, stirbt oder in Rente geht? Diese Fragen noch völlig ungeklärt.

Die Finanzierung eines eigenen Gewächshauses wird auch für die Bromelienfreunde unmöglich sein. Pro Quadratmeter Gewächshaus muss man mit Herstellungskosten von mindestens 200 € rechnen. Hinzu kommen die Kosten für den laufenden Unterhalt (wie hoch diese genau sind, weiß ich auch nicht, habe momentan auch nicht die Zeit dies zu googeln, wäre aber einmal an einer fundierten Zahl interessiert). Wer soll das bezahlen? Wenn ich einfach einmal die Flächen der von K.W. aufgezählten Sammlungen zusammenzähle, ergibt dies 1060 m². Ein ansehnliches Gewächshaus mit Herstellungskosten in Höhe von über 200.000 €.

Ich bin ein Freund von realistischen und durchführbaren Projekten, nicht aber von Träumerei. Die vor Jahren einmal hauptsächlich in England eingerichteten "National Collection of ..." waren alle in kleinen Gewächshäusern einzelner Mitglieder untergebracht und existieren zwischenzeitlich nicht mehr.

Der einzige Weg, das Pflanzenmaterial auf Dauer zu erhalten, ist, es bei Lebzeiten abzugeben und/oder die Pflanzen zu vermehren.

Natürlich kann ich auch auf falsch liegen, bisher hat mir aber noch niemand einen praktikablen Vorschlag vorlegen können, wie man das Problem lösen könnte (was ja nicht heißen muss, dass es die nicht gibt).

Auf jeden Fall eine sehr interessante Diskussion, die die Problematik wieder einmal bewusst macht.

Daher ein Dankeschön an perez-suares.

Mit herzlichen Grüßen

Andreas
Pantalaimon
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Registriert: 27. Juli 2011, 19:52

Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von Pantalaimon »

Hallo,

nur ein paar Gedanken von mir dazu, die gewiss noch nicht zu Ende gedacht sind, aber jeder muss ja mal anfangen zu denken ...
(... wobei der ein oder andere Politiker davon noch nichts gehört zu haben scheint, aber das ist ein anderes Thema.)
Wir (nicht unsere Nachfahren/Erben, botanische Gärten oder Liebhaberorganisationen) sammeln unsere Pflanzen. Daher sind wir auch dafür verantwortlich, was zu unseren Lebzeichen, aber auch nach unserem Tod mit ihnen geschieht.
Genau so ist es. Leider hat sich diese Erkenntnis noch nicht so richtig durchgesetzt. Oft läuft es nach dem Motto: "Ich bin ja in einem Kakteenverein, also vererbe ich einfach dem die Sammlung und gut is'". Oder: "Ich war zwar mein ganzes Leben lang nie in einem Kakteenverein, aber die lieben ja Kakteen und werden sich schon drum kümmern." (Das war jetzt zugespitzt formuliert, aber im Kern stehen da reale Fälle dahinter, mit denen ich es in den letzten 2 Jahren zu tun hatte.) Dass die Mehrheit unserer Ortsgruppenmitglieder älteren Semesters sind und daher kein Interesse mehr haben, ihre Sammlung weiter aufzustocken, wird dann meist vergessen. Und dass die jüngeren Ortsgruppenmitglieder zwar ihre Sammlung gerne aufstocken würden, aber aufgrund der galaktisch hohen Miet- und Bodenpreise hier in der Gegend froh sind, wenn sie sich eine kleine Wohnung (mit entsprechend wenig Platz für Kakteen und Sukkulenten) leisten können, wird dann auch meist vergessen. Und dass der Ortsgruppenvositzende womöglich keinen 2000qm Garten hat (wie man selbst) und keine 2 Gewächshäuser (wie man selbst), wird dann auch gerne mal vergessen - und entsprechend groß ist dann die Verwunderung, wenn der in seiner Dachgeschoßwohnung sitzende Ortsgruppenvorsitzende das Angebot, die Hälfte der Sammlung günstig zu übernehmen, freundlich aber bestimmt ablehnen muss.

Als Wirtschaftler muss ich sagen: Eigentlich dürften Kakteen nichts kosten. Denn es ist eine Vielzahl an Pflanzen, die unserer Ortsgruppe jedes Jahr angeboten werden - aber die Resonanz auf meine Frage bei Vereinsabenden, ob jemand Pflanzen übernehmen möchte, ist regelmäßig 0. Angebot riesig, Nachfrage 0 => Preis müsste eigentlich auch 0 sein. Was also macht den Wert von Kakteen aus? Das hat Nobby schon richtig beantwortet: Der Ideelle. Aber der ideelle Wert stirbt (leider) mit der Person, die einer Pflanze diesen zuschreibt.

Und mal ganz ehrlich (und so komme ich zum Thema Artenschutz): Welche Bedeutung hat ein sorgsam gepflegter, einst aus der Natur ausgebuddelter und über Jahre hinaus wie der eigene Augapfel gehüteter Kaktus für den Artenschutz - selbst wenn er in einem botanischen Garten steht -, wenn die Art in der Natur ausgestorben ist? Ich bin ja selbst auch Bromelien-Fan und unterstütze die Schutzsammlung der DBG finanziell, weil es mir ein großes Anliegen ist, die Artenvielfalt zu erhalten - wenn schon nicht in der Natur, dann wenigstens in Kultur. Aber mir ist auch bewusst, dass diese Art von Artenschutz (ex situ) oft ein rein ideeller ist und nur bedingt Sinn macht. Echter Artenschutz kann nur vor Ort durch den Schutz der Habitate stattfinden! Ex-situ-Artenschutz macht eigentlich nur Sinn, wenn mit den Pflanzen wissenschaftlich gearbeitet wird oder wenn die Pflanzen zur Nachzucht für sinnvolle (!) Wiederansiedlungsprojekte genutzt werden - denn ansonsten ist es wieder "nur" Liebhaberei ("nur" in Anführungsstrichen, da ich Liebhaberei nicht verdammen möchte, aber doch darauf hinweisen möchte, dass ihr kein höherer Sinn zugrunde liegt, da der einzige Sinn der Liebhaberei die Befriedigung individueller Bedürfnisse (oder, härter formuliert: Egoismen) eines (oder manchmal auch mehrerer) Menschen ist).

... wobei solche Egoismen natürlich Begehrlichkeiten wecken, die (nicht immer, aber zu häufig) zum Sammeln von Pflanzen im Habitat führen. Wenn Letzteres nur dadurch zu vermeiden ist, dass Pflanzen (bzw. Samen) offiziell, kontrolliert und Standort-verträglich (also nicht zu viele) abgesammelt und dann in Kultur flott vermehrt werden, dann ist das zwar schade (da wir so dem "Kranken" nur Taschentücher reichen statt die "Krankheit" selbst zu bekämpfen), aber auch eine Art von sinnvollem Ex-situ-Pflanzenschutz. Nicht perfekt, aber doch besser als nix ... Schade nur, dass "offiziell, kontrolliert und Standort-verträglich" noch nie wirklich funktioniert hat ... und dass zu viele so lange nicht warten wollen ...

Was ich daher aus dieser (echt guten - vielen Dank!) Diskussion mitnehme:

Wir (die DKG, aber auch wir in den Ortsgruppen) sollten unsere Mitglieder immer wieder an die Verantwortung erinnern, die wir alle mit der Anschaffung der Pflanzen übernehmen (bzgl. Artenschutz und bzgl. der Sammlung, die ein jeder aufbaut) - und an den Verstand apellieren (also daran, seine Sammlung mit Verstand auf- bzw. auszubauen, sich nicht zu übernehmen und Vorsorge für den Krankheits- / Todesfall zu treffen).
(Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es manchmal nicht immer einfach ist - vor 10 Jahren wären solche Apelle von mir überhaupt nicht wahrgenommen worden, so sehr war ich der Sucht verfallen (wobei wir immer nur in Kakteengärtnereien gekauft haben und nie Pflanzen oder auch nur Samen vor Ort mitgenommen haben). Jetzt, mit etwas reiferem Alter (38) und etwas mehr Lebenserfahrung, klappt das schon eher.)

Und vielleicht gibt es ja auch Wege, wie wir (als Liebhaber und Liebhabergesellschaften) uns für den Artenschutz vor Ort engagieren können.

Viele Grüße!
Chris
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K.W.
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von K.W. »

Guten Abend liebe PflanzenfreundInnen,

mit großem Interesse habe ich die Beiträge der Pflanzenfreunde gelesen und überdacht.


Für mich bleiben die zwei Seiten der Medaille, die eigene Befindlichkeit und der Artenschutz.

Zuerst zur Seite mit der Zahl; die Zahl der Jahre, die man sich das antun möchte. . .
Die Antwort ist so individuell wie die Sammlungsbesitzer.
Ich jedenfalls möchte meine Pflanzen solange pflegen und genießen wie es irgendwie möglich ist.
Am liebsten würde ich tot unter dem Tisch mit den Sulcorebutien oder Mammillarien oder Astrophytum oder Lithops. . .
gefunden werden.
Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass ich erleichtert sein würde, wenn meine Pflanzen weg sein würden.
Schließlich ist das "weltschönste" Hobby keine Last für mich.

Ich habe versucht die "Sache" zu regeln, mal schauen wie es sich entwickelt.
Andere "ticken" da anders - auch sehr gut!

Zum Artenschutz, die Seite mit dem Bild;
was ich aus den Beiträgen der Kollegen entnommen habe, nochmals recherchiert habe und fast schon geahnt habe,
Artenschutz im Hobby-Gewächshaus ist eine Alibiveranstaltung.
Sie dient dazu den Raub aus der Natur, der Altvorderen und auch der Zeitgenossen, zu relativieren und moralisch zu bemänteln.
In der Natur verlorene Arten im Hobby-Gewächshaus erhalten. . . Jeder sollte dies mal konsequent zu ende denken. . .
Das kann nichts werden und ist für mich das selbe Niveau wie das Märchen vom überlebbaren Atomkrieg.

Unsere Sammlungen sind Gesamtgesellschaftlich nichts wert. Da kann man noch so oft nach Tschechien fahren und aus Gründen
des Artenschutzes all die verbotenen "Sächelchen" kaufen. . . Schönster Selbstbetrug. . .


Zum Schluß; vielen Dank an perez-suares für den Anstoß dieses Thema´s!
Hat mich einige Dinge überdenken lassen und auch eigenes Verhalten hinterfragen lassen.
Und vielen Dank liebe Pflanzenfreunde, habe wieder viel gelernt!


Herzliche Grüße

K.W.
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Markus Spaniol
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Re: " Wegen Todesfall umfangreiche Kakteensammlung abzugeben"

Beitrag von Markus Spaniol »

Andreas hat geschrieben: Wer also möchte, dass seine Sammlung nach dem Tod nicht vor die Hunde geht, muss sich bei Lebzeiten darum kümmern.
Was ist die Lösung? Da fällt mir als einzig pratikabler Weg nur ein, dass sich jedermann, wenn er möchte, dass seine Pflanzen erhalten bleiben, rechtzeitig vor dem Tod davon trennt.
Grundsätzlich stimme ich dir zu, aber wie soll man wissen wann rechtzeitig ist? Zudem ist es meiner Ansicht auch sehr schwer jemanden zu finden, dem man die Sammlung anvertrauen kann.
Andreas hat geschrieben:Der einzige Weg, das Pflanzenmaterial auf Dauer zu erhalten, ist, es bei Lebzeiten abzugeben und/oder die Pflanzen zu vermehren
Bei diesem Satz verstehe ich nicht wie du das mit "oder" meinst?
Gruß Markus
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