KuaS in der Kritik - und im Rückblick

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Thomas Brand
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KuaS in der Kritik - und im Rückblick

Beitrag von Thomas Brand »

Liebe Mitstreiter,

immer mal wieder wird an verschiedenen Stellen des Forums auf die KuaS angesprochen. Oftmals wird allgemein kritisiert, dass sie nicht mehr lesenswert sei, nicht mehr so gut wie früher oder eben sowieso alles den Bach runter geht.

Geht es um Qualitätsfragen, muss man zunächst einmal definieren, welche Qualität man meint, welche Aspekte jedem einzelnen wichtig sind. Dabei sollte jeder bedenken, dass die KuaS nicht seine persönliche Zeitschrift ist, sondern die aller Mitglieder der herausgebenden Gesellschaften. Dem einen ist die Zeitschrift zu fachlich, dem anderen zu wenig wissenschaftlich … Zitat aus H. Hecht 1966: In Sachen Zeitschrift, KuaS 9/1966 – also eine Beitrag, der vor 50 Jahren (!) erschien:
„„Kritik ist nötig und gut. Sie muß aber gleichzeitig aufzeigen, wie es besser gemacht werden soll. Dabei ist zu bedenken, daß es keiner Zeitschrift gelingen wird, in jedem Beitrag ihrer Hefte einerseits wissenschaftlich, andererseits liebhaberisch betont zu sein, sie kann nicht dem Spezialisten angepaßt und gleichzeitig auf den Anfänger zugeschnitten sein. Sie darf nicht auf ein bestimmtes Bildungsniveau oder für die Lesegewohnheiten einer kleinen Bezieherschicht ausgelegt werden. Ein Kompromiß ist daher unumgänglich. Dann aber wird es zur persönlichen Ansicht, welchen man gutheißt und welchen nicht. Es kann nur immer das Ziel sein, es möglichst vielen recht zu machen; es wenigen recht zu machen, reicht nicht, es allen recht zu machen, ist unmöglich.
Es vielen recht zu machen, gelingt aber nur, wenn diese anonymen „Vielen" auch tatsächlich ihren eigenen, dann ohnehin vielseitigen und damit allseits interessanten Beitrag leisten, die KuaS zu dem zu machen, was sie überall fordern: zu einer alle interessierenden Zeitschrift!“

Beste Grüße
Thomas
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Thomas Brand
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Re: KuaS in der Kritik - und im Rückblick

Beitrag von Thomas Brand »

… und weiter:

Konkrete Anhaltspunkte für die Kritik an der KuaS wurde mir (als Redakteur der KuaS) oder im Forum nur äußerst selten mitgeteilt. Allgemeines Heruntermachen hilft nicht weiter. Es ist einfach, in den Raum zu stellen, dass etwas nicht gut ist. Aber bitte, woran wird sinkende Qualität festgemacht? Was für einen nicht lesenswert ist, will der andere unbedingt lesen.
Zudem ändert sich mit steigender Erfahrung und weitergehender Spezialisierung in einem Gebiet zwangsläufig der Blick auf eine Informationsquelle. Alte Hasen denken gerne an die gute alte Zeit – aber war es wirklich besser?
Ich habe mir die Mühe gemacht, mir 5 Jahrgänge in 10-Jahres-Abständen anzuschauen (1975-1985-1995-2005-2015) und Eckdaten aufzunehmen. Es ist keine exakte, akribisch erarbeitete Aufstellung, das geht nicht bei einem begrenzten Zeitrahmen. Doch kann man anhand der Daten eventuell diskutieren. Ich habe ausschließlich die redaktionellen Seiten betrachtet, nicht die Gesellschaftsnachrichten, das Editorial oder das Titelbild.
Um es vorweg zu nehmen: Früher war nicht alles besser – wobei wir uns wieder fragen dürfen: was ist besser?

Anzahl Seiten des Jahrgangs

1975: 264 (230 mit Artikeln, Rest Leserbriefe, Werbung, Kleinanzeigen etc.)
1985: 264 (230 mit Artikeln, Rest Literatur, Leserbriefe, Werbung, Kleinanzeigen etc.)
1995: 300 (233 mit Artikeln, Rest Empfehlenswerte, Literatur, Leserbriefe, Schlussseite etc.)
2005: 344 (301 mit Artikeln, Rest Empfehlenswerte, Literatur, Leserbriefe, Schlussseite etc.)
2015: 344 (301 mit Artikeln, Rest Empfehlenswerte, Literatur, Leserbriefe, Schlussseite etc.)
Der Artikel-Anteil bleibt (mit Ausnahme 1995) quasi konstant bei 87,X %

Anzahl Artikel im Jahrgang
1975: 109 / Durchschnitt Seitenzahl/Artikel: 2,42
1985: 90 / Durchschnitt Seitenzahl/Artikel: 2,56
1995: 86 / Durchschnitt Seitenzahl/Artikel: 2,71
2005: 71 / Durchschnitt Seitenzahl/Artikel: 4,24
2015: 76 / Durchschnitt Seitenzahl/Artikel: 3,96
Es ist deutlich auffällig, dass die Beiträge länger werden. In den früheren Jahrgängen gab es sehr viele Artikel über nur eine Seite, die aus heutiger Sicht wenig Information enthielten (aber es war vielleicht die einzige erhältlich Information). Dennoch ist der Gesamttextanteil (nicht die Textmenge an sich) gefühlt höher als heute (nicht aufgenommen, da die Zeichenanzahl nicht abrufbar ist) – das liegt an den Bildern:

Anzahl Bilder (inkl. Zeichnungen)
1975: 205 (fast ausschließlich schwarz/weiß) / Anzahl Bilder/Seite: 0,777
1985: 280 (weit überwiegend s/w) / Anzahl Bilder/Seite: 1,27
1995: 216 (großer Anteil s/w) / Anzahl Bilder/Seite: 0,927
2005: 452 (fast ausschließlich farbig) / Anzahl Bilder/Seite: 1,502
2015: 546 (fast ausschließlich farbig) / Anzahl Bilder/Seite: 1,814
Dank technischer Weiterentwicklung ist es heute kein Problem mehr Bilder zu drucken. Der Anteil Bilder ist stark gestiegen. Nicht nur in der KuaS. Allgemein wird mehr über Bilder vermittelt als per Text – das ist die aus meiner Sicht wesentlichste Änderung über die Jahre. Die ist aber allgemein und nicht KuaS-spezifisch.
Auch die Bildgröße hat sich nicht unbedingt deutlich vergrößert: Es gab auch 1975 ganz- oder halbseitige Abbildungen, aber eben weniger.

Die Anzahl Autoren ist gleichbleibend, sie schwankt nur leicht zwischen 63 und 72 je Jahrgang.

beste Grüße
Thomas
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Thomas Brand
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Re: KuaS in der Kritik - und im Rückblick

Beitrag von Thomas Brand »

… und noch weiter:

Kategorien
Betrachten wir inhaltliche Fragen: Dabei habe ich versucht, die Artikel zu kategorisieren, wie wir sie heute eingruppieren würden (Kultur, Habitat, Taxonomie, …)
1975: Habitat: 9; Kultur: 67; Taxonomie: 23 (davon 14 Erstbeschreibungen); sonstiges: 10
1985: Habitat: 10; Kultur: 51; Taxonomie: 22 (davon 8 Erstbeschreibungen); sonstiges: 7
1995: Habitat: 25; Kultur: 29; Taxonomie: 9 (davon 2 Erstbeschreibungen); sonstiges: 24
2005: Habitat: 15; Kultur: 37; Taxonomie: 12 (davon 10 Erstbeschreibungen); sonstiges: 6
2015: Habitat: 29; Kultur: 33; Taxonomie: 5 (davon 4 Erstbeschreibungen); sonstiges: 9

Es gibt in den jüngeren Jahrgängen wesentlich mehr Habitat-Beiträge (Reiseberichte). Zur Verteilung der bereisten Länder s.u.
Die Kulturbeiträge sind in den letzten 20 Jahren stabil, Taxonomie schwankt. Die Zahl der Erstbeschreibungen ebenso. Die Hochzeit der Beschreibungen bei Kakteen waren die 1960er bis 1980er Jahre (aus dem Bauch, keine Überprüfung).

Habitat: Aus welchen Ländern wird Länder berichtet?
1975: 5 (3 x Chile, 1x Ecuador, 2 x Argentinien, 2 x Costa Rica, 1 x Mexiko)
1985: 4 (3 x Costa Rica, 3 x Brasilien, 1 x Kanada, 1 x Mexiko)
1995: 6 (5 x Mexiko, 4 x Brasilien; 2 x Kuba, 2 x Jemen, 1 x Südafrika, 1 x USA)
2005: 7 (3 x Argentinien, 3 x Brasilien, 2 x Mexiko, 2 x USA, 2 x Chile, 1 x Kirgisien, 1 x Namibia, 1 x Peru)
2015: 14 (7 x Brasilien, 5 x Bolivien, 4 x Mexiko, 3 x USA, 2 x Südafrika, 2 x Peru, 2 x Argentinien, 1 x Namibia, 1 x Oman, 1 x Aserbaidschan, 1 x Venezuela, 1 x Spanien, 1 x Dom. Rep., 1 x Chile)

Welche Kakteengattungen werden vorgestellt?
Nur in Artikeln, nicht Empfehlenswerte, nicht Karteikarten – damit wären die neueren Jahrgänge klar höher zu benennen!
1975: 34 (10 x Mammillaria, 7 x Rebutia, 4 x Gymnocalycium, 3 x Discocactus, 3 x Selenicereus, 3 x Disocactus, 3 x Astrophytum, 2 x Sulcorebutia, 2 x Melocactus, weitere je 1 x)
1985: 31 (8 x Mammillaria, 6 x Sulcorebutia, 3 x Discocactus, 2 x Astrophytum,2 x Parodia, 2 x Thelocactus, 2 x Gymnocalycium, 2 x Echinofossulocactus, 2 x Echinocereus, 2 x Schlumbergera, weitere je 1 x)
1995: 26 (5 x Uebelmannia, 4 x Melocactus, 3 x Echinocereus, 2 x Echinofossulocactus, 2 x Escobaria, 2 x Discocactus, 2 x Astrophytum, 2 x Ariocarpus, weiter je 1 x)
2005: 21 (4 x Mammillaria, 4 x Echinocereus, 4 x Copiapoa, 2 x Sulcorebutia, 2 x Echinopsis, 2 x Ariocarpus, 2 x Parodia, weitere je 1 x)
2015: 28 (4 x Mammillaria, 2 x Discocactus, 2 x Rhipsalis, 2 x Opuntia, 2 x Gymnocalycium, 2 x Rebutia, 2 x Escobaria, weitere je 1 x)

Es zeigen sich gewisse Moden, aber auch viel Beständigkeit. Die Artenanzahl insgesamt ist (mit einer Delle 1995) gleichbleibend.

Bei den anderen Sukkulenten ist ein ganz klar positiver Trend der Anzahl Beiträge zu sehen:
1975: 9
1985: 8
1995: 12
2005: 17
2015: 15

Die Diversität ist also gegeben. Es kann nicht von einer Verarmung an Gattungen oder Arten gesprochen werden.

Wer etwas vermisst: Selber schreiben oder jemanden animieren zu schreiben! Darauf wurde aber schon oft hingewiesen, die Resonanz reicht aus, aber es könnte noch besser gehen!
Ich zitiere nochmals H. Hecht 1966: "Sie wissen doch selbst am besten, was Sie lesen möchten! Also schreiben Sie es sich doch selbst — nur tolerieren Sie daneben auch Beiträge, die vielleicht anderen gefallen! … Wenn es keine Selbstverständlichkeit (zumindest für diejenigen, die sich beschweren) ist, mitzuarbeiten, ist es ohnehin sinnlos.“

beste Grüße
Thomas
Zuletzt geändert von Thomas Brand am 11. Januar 2016, 18:42, insgesamt 1-mal geändert.
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K.W.
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Re: KuaS in der Kritik - und im Rückblick

Beitrag von K.W. »

Thomas Brand hat geschrieben:… und noch weiter:

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Die Diversität ist also gegeben. Es kann nicht von einer Verarmung an Gattungen oder Arten gesprochen werden.
Wer etwas vermisst: Selber schreiben oder jemanden animieren zu schreiben! Darauf wurde aber schon oft hingewiesen, die Resonanz reicht aus, aber es könnte noch besser gehen!
Ich zitiere nochmals H. Hecht 1966: Sie wissen doch selbst am besten, was Sie lesen möchten! Also schreiben Sie es sich doch selbst — nur tolerieren Sie daneben auch Beiträge, die vielleicht anderen gefallen! … Wenn es keine Selbstverständlichkeit (zumindest für diejenigen, die sich beschweren) ist, mitzuarbeiten, ist er ohnehin sinnlos.“

beste Grüße
Thomas

Besten Dank Herr Hecht! :) ;)

Manchmal bedarf es eines kleinen aber kräftigen Anstoßes. . .


Guten Abend Thomas,

vielen Dank für die Statistische Bearbeitung; viel Arbeit, viel Zeitaufwand. . .
Aber für mich sehr lohnend zu lesen.


Herzliche Grüße

K.W.
We are all in the gutter, but some of us are looking at the stars.
und hier sind immer noch jeden Tag neue Blüten: http://www.tsdaten.de/kaktusforum/index.php
Falko 2012
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Re: KuaS in der Kritik - und im Rückblick

Beitrag von Falko 2012 »

Ohne die Zeitschrift KuaS zu kennen (bin ja Nicht-Mitglied), aber mir ist die Vorstellung bei Kakteengattungen eindeutig zu einseitig.

Gut, ich interessiere mich überwiegend für Säulen, was etwa 98% der DKG-Mitglieder nicht tun (vom Schwerpunkt) - im Übrigen werden die Säulen meist auch bei vielen anderen literarischen Werken das Thema betreffend links liegen gelassen.

(Veranstaltungen aber gerne/öfter mit einer Säule beworben)
Falko 2012
Beiträge: 78
Registriert: 8. März 2012, 01:38

Re: KuaS in der Kritik - und im Rückblick

Beitrag von Falko 2012 »

Hab mir auf Ebay heute einen Jahrgang "gegönnt" - ich lass mich überraschen, mal schauen.

Meine Kritik bzw. Säulen muss ich zurücknehmen und etwas relativieren, sie kommen zwar vor in den KuaS, aber für meinen Geschmack deutlich zu kurz.

1985 erschien vom Horizont-Verlag mal die Reihe "Alles über Zimmerpflanzen" - Kakteen in der Natur und Kakteen in der Natur II - wo Säulenkakteen sehr ausführlich behandelt wurden, auch mit farbigen Verbreitungskarten - weiter wurde auch sehr auf das natürliche Klima eingegangen, welches die Kakteen an ihrem Platz in der Natur vorfinden.
detmet
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Registriert: 5. Dezember 2008, 16:46

Re: KuaS in der Kritik - und im Rückblick

Beitrag von detmet »

Falko 2012 hat geschrieben:Hab mir auf Ebay heute einen Jahrgang "gegönnt" - ich lass mich überraschen, mal schauen.

Meine Kritik bzw. Säulen muss ich zurücknehmen und etwas relativieren, sie kommen zwar vor in den KuaS, aber für meinen Geschmack deutlich zu kurz.

1985 erschien vom Horizont-Verlag mal die Reihe "Alles über Zimmerpflanzen" - Kakteen in der Natur und Kakteen in der Natur II - wo Säulenkakteen sehr ausführlich behandelt wurden, auch mit farbigen Verbreitungskarten - weiter wurde auch sehr auf das natürliche Klima eingegangen, welches die Kakteen an ihrem Platz in der Natur vorfinden.
Es liegt halt daran, dass viele Säulen erst spät blühen, viel Platz nach oben benötigen und deshalb weniger kultiviert werden. Es gibt auch mehr nicht-säulige Arten als säulenförmige. Entsprechend wird auch nicht so viel darüber geschrieben wie über die beliebteren Kugelkakteen. Aber in der KuaS (sowie anderen Zeitschriften und Büchern) werden immer mal wieder welche behandelt.
Wenn Du ein gutes Buch über Säulenkakteen haben willst, schau mal nach "The great cacti" von David Yetman. Wenn Du Erfolge mit der Kultur von Säulenkakteen verzeichnen kannst, schreib doch mal was für die KuaS!
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